Sanierung und Umnutzung des ehemaligen Kontorgebäudes

 

 

Bauherr:                            Simone und Thomas Sticht
Standort:                           Dörflaser Platz 1, Marktredwitz
Bruttogrundfläche:          550 m²
Status:                               Fertigstellung 2019
Fotografie:                        FEIGFOTODESIGN, Selb

 

 

Das Wissen um die geschichtliche und bauliche Dynamik des Kontors bildet die Grundlage für die architektonischen Überlegungen zu dessen Sanierung. Das Gebäude soll zum Vermittler zwischen Alt und Neu werden und so das Bewusstsein um seine historische Tiefe wahren. Unter der Prämisse des bestmöglichen Erhalts seiner Identität soll das Kontor mit einer präzisen Auswahl von architektonischen Eingriffen einer neuen Nutzung als zeitgemäßes Architekturbüro zugeführt werden. Die einzelnen Maßnahmen wurden in enger Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege und der Unteren Denkmalschutzbehörde unternommen und abgestimmt.

 

Der äußeren Gestalt kommt bei der Revitalisierung des Kontors eine wichtige Rolle zu, da sich hier die dynamische Geschichte des Gebäudes und die detailverliebte Auseinandersetzung der Bauherren in dem Projekt gut widerspiegelt. Ziel des Entwurfes ist es, die historische Tiefe des Hauses zu erhalten und in den Fassaden ablesbar zu machen. Hierfür werden die historischen Außenfassaden, soweit wie möglich in ihrer Substanz belassen und restauriert. Der alte Kellenwurfputz wird ebenso wie die bauzeitlichen Gesimse und Umrahmungen saniert, um zusammen mit den Original-Holzfenstern die Qualitäten der historischen Fassade wiederherzustellen.

 

Nach dem Rückbau der Nachbargebäude wurden jedoch auch neue Außenfassaden freigelegt. Bisherige Innenwände werden zu neuen Außenfassaden, fabrikinterne Flurverbindungen treten zutage und präsentieren sich als großmaßstäblichen Öffnungen in den Außenwänden. Diese neuen Fassadenbereiche sollen sich bewusst von den Bestandsfassaden abheben und einen architektonisch-modernen Kontrapunkt setzen. Mit glattem Filzputz werden die Konturen der Anbauten als flächige Schatten auf den Außenwänden nachvollzogen. Die vorgefundenen Öffnungen werden in die neue Fassadenstruktur integriert und durchfluten als großzügige Fenster das vorher innenliegende Treppenhaus mit Licht. Die Fenster nehmen dabei die Flächigkeit der Fassade auf und werden als moderne, fassadenbündige Festverglasungen ausgeführt. Der starke Kontrast der modernen und historischen Fassaden betont in haptischer Weise die dynamische Entwicklung des Hauses und stellt bewusst Gestern und Heute gegenüber. Die gewählte Farbigkeit unterstreicht die Motivik der Fassade und gewährt dem Gebäude eine gestalterische Einheit.

 

Auch in den Innenräumen ist die Auseinandersetzung mit der historischen Bausubstanz von großer Bedeutung, um eine Symbiose des Bestands mit der neuen Nutzung zu erzielen. Durch die Kompatibilität des neuen Raumprogramms mit der vorgefundenen Raumstruktur des Kontors, konnte diese problemlos erhalten und weitergenutzt werden. Die bestehenden Raumschalen, wie filigrane Glas-Trennwände und hölzerne Einbau-Wandschränke, wurden handwerklich aufbereitet und repariert. Notwendige Ergänzungen aus nutzungsspezifischen Gründen wurden in Form von präzisen Eingriffen als erkennbare, moderne Farbakzente in die Bestandsstruktur integriert.

 

Bei tiefergehenden Untersuchungen wurden weitere Qualitäten des Gebäudes entdeckt. So fand sich unter dem abgearbeiteten Nadelfilzbelag ein fast vollständig erhaltenes Eichen- bzw. Buchen-Parkett, das sich über das gesamte Obergeschoss erstreckte. Außerdem wurden filigrane Deckenmalereien freigelegt, die den Räumen ein deutliches Bewusstsein der eigenen Historizität verleihen. Vorgefundene Ausstattungsgegenstände, wie Messing-Türgriffe und historische Tresore, wurden bewusst in die moderne Gestaltung der Büros integriert, um die gestalterische Verbindung von modernen und historischen Elementen zu unterstreichen.

 

Dieses Zusammenspiel aus modernen, präzisen Eingriffen und dem gleichzeitig respektvollen und bedachten Umgang mit der historischen Bausubstanz verleiht dem ehemaligen Kontor die angemessene Repräsentativität und Präsenz in Mitten des neuentstehenden Quartiers und schlägt in seiner Umnutzung eine architektonische Brücke ins heute.